Scheidung im Alter

Scheidung im Alter – rechtliche Aspekte in Österreich

Immer mehr ältere Ehepaare entschließen sich  zu einer Trennung nach vielen Ehejahren. In der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen, ist das Phänomen bei Gericht längst als „graue Scheidung“ bekannt. In Deutschland insgesamt sinkt die Scheidungsrate, während sie sich in den Industrieländern bei Ehepaaren über 50 Jahren seit 1990 verdoppelt, bei denjenigen über 65 Jahren sogar verdreifacht hat. 

Die Gründe für die Scheidung im Alter werden wir in einem späteren Blogbeitrag beschreiben. Heute erläutert Frau Dr. Brigitte Bierbaumer-Vergeiner, emeritierte Rechtsanwältin, die rechtlichen Aspekte der Scheidung in Österreich.

Zunächst vorweg: Scheiden tut immer weh, vor allem, wenn zwei Ehepartner bereits einen langen Weg gemeinsam gegangen sind.

Es ist in meiner langjährigen Praxis als Anwältin leider selten vorgekommen, dass sich Ehepaare ohne große Auseinandersetzungen und im Einvernehmen getrennt haben. Sowohl für die Geldtasche als auch den psychischen Zustand zahlt es sich aber allemal aus, vor allem, wenn Kinder vorhanden sind.

INHALTSVERZEICHNIS

Grundsätzliches zur Scheidung

Das Feld der Scheidung nach dem Gesetz und deren Folgen ist weit und es soll hier nur eine Darstellung der wichtigsten Aspekte erfolgen.

▶︎ Der erste Tipp aus der Anwaltspraxis lautet: stets einen rechtlichen Rat einholen, bevor man in medias res geht! Das muss nicht unbedingt eine Rechtsanwältin sein, erste Ratschläge werden auch vom zuständigen Bezirksgericht an den hierfür vorgesehenen Wochentagen erteilt.

Es soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass eine einvernehmliche Scheidung ohne Beiziehung eines Anwalts beim zuständigen Bezirksrichter erfolgen kann, dieser ist zur ausführlichen Beratung verpflichtet.
Ist allerdings einiges an aufzuteilendem Vermögen – insbesondere Liegenschaften oder Wohnungseigentum – vorhanden, zahlen sich die Kosten einer professionellen Rechtsberatung aus. Die Gerichte sind ausgelastet und die Zeit der Richterinnen ist beschränkt.

Senioren Scheidung

Es gibt vier Arten der Scheidung

▶︎ wegen Verschuldens

▶︎ aus anderen Gründen (das sind nach dem Gesetz Krankheiten wie eine geistige Störung)

▶︎ wegen Auflösung der ehelichen Gemeinschaft (man lebt seit 3 Jahren getrennt und die Ehe ist unheilbar zerrüttet)

▶︎ und schließlich im beiderseitigen Einvernehmen

Ob die letzte Variante durchgeführt werden kann, hängt wesentlich von den Umständen der bisherigen Eheführung und vom Verhalten des anderen Ehepartners ab. Ist man zur Scheidung fest und unabänderlich entschlossen, trifft aber beim anderen Partner auf Widerstand, ist das rasche Einschalten eines Anwalts anzuraten. Ein guter Rechtsbeistand schützt vor Fehlern im Vorfeld und unterstützt auch in emotionalen Ausnahmezuständen.

Scheidung wegen Verschuldens

Diese kann dann begehrt werden, wenn der andere Partner eine oder mehrere schwere Eheverfehlungen begangen und die Ehe dadurch tief und unheilbar zerrüttet hat.

Solche Eheverfehlungen sind z.B. ehewidrige Beziehungen, d.h. intime Verhältnisse mit einer anderen Person, schwere Beschimpfungen, Misshandlungen, Verletzung der Unterhaltspflicht, grundlose Verweigerung der sexuellen Begegnung, ständige Zanksucht, Alkoholismus.
Der scheidungswillige Ehepartner muss Klage beim zuständigen Bezirksgericht erheben und die Eheverfehlungen nachweisen können.

▶︎ Wichtig: solche Eheverfehlungen verjähren binnen 6 Monaten ab Kenntnis und müssen in dieser Frist mit Klage geltend gemacht werden. Leben die Partner aber getrennt, wird diese Frist unterbrochen. Also rechtzeitig zum Anwalt!

Sehr viele gerichtliche Scheidungsstreitigkeiten enden aber schlussendlich im Laufe des Scheidungsverfahrens mit einer einvernehmlichen Scheidung durch das Gericht, welches mit Unterstützung durch vernünftige Rechtsvertreter zu einer solchen Lösung raten wird.

Prozesse kosten Geld und enden schließlich auch bei gelungenem Nachweis schwerer Eheverfehlungen nur mit der Scheidung der Partner, nicht aber mit einer Aufteilung des Vermögens. Dieses muss in einem eigenen kostspieligen Verfahren gerichtlich aufgeteilt werden.

Scheidung wegen Verschuldens

Scheidung aus anderen Gründen - Krankheiten

Dieser Grund kommt sehr selten vor, ein Verschulden fehlt hier. Eine Heilung darf aber nicht in absehbarer Zeit zu erwarten sein.

Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft

Ist diese seit 3 Jahren aufgelöst (Trennung von Tisch und Bett, Wohnen im selben Haus schadet aber nicht), kann jeder der Partner wegen unheilbarer Zerrüttung die Auflösung der Ehe durch Klage verlangen. Der andere kann dem aber widersprechen, wenn der klagende Ehepartner die Zerrüttung überwiegend verschuldet hat und ihn selbst die Scheidung härter träfe als den anderen die Abweisung der Scheidung (wegen Alters, schlechter Gesundheit etc. )

Nach 6 Jahren Trennung ist die Ehe aber jedenfalls aufzulösen.

Wesentliche Scheidungsfolgen einer Verschuldensscheidung sind Anspruch auf nachehelichen Unterhalt und damit zusammenhängend Witwen-/Witwerpension.

Ein schuldlos geschiedener Ehepartner hat Anspruch auf Unterhalt, wenn die eigenen Einkünfte zur angemessenen Lebensführung nicht ausreichen und der andere zahlen kann, ohne seine eigene Lebensführung zu beeinträchtigen.

Einvernehmliche Scheidung

Diese basiert nicht auf einem Verschulden, sondern auf der ehelichen Zerrüttung und ist für beide Partner meist die kostengünstigste Variante.

Sie beantragen diese Scheidung vor dem zuständigen Bezirksgericht und müssen die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zumindest seit 6 Monaten behaupten.

Weiters ist dem Gericht eine sogenannte Scheidungsfolgenvereinbarung (Scheidungsvergleich ) vorzulegen, welcher üblicherweise von einer Anwältin oder, wenn auch der andere vertreten ist, von beiden Anwältinnen vorbereitet wird.

Schriftlich zu regeln sind die vermögensrechtlichen Ansprüche zueinander, etwaige Unterhaltspflichten eines Ehepartners dem anderen gegenüber und vor allem der Unterhalt und der zukünftige Aufenthalt der Kinder sowie die Ausübung des Kontaktrechts ( früher: Besuchsrecht ).

Einvernehmliche Scheidung
Scheidungsanwalt

Tipps aus der Praxis

▶︎ Nicht voreilig aus der gemeinsamen Ehewohnung ausziehen, auch wenn man glaubt es nicht mehr aushalten zu können! Dies könnte nämlich den Scheidungsgrund des bösartigen Verlassens bedeuten. Im Ernstfall, nämlich physischer oder psychischer Gewaltausübung, wird der Anwalt das Nötige veranlassen.

▶︎ Nichts ohne Rückversicherung beim Anwalt unterschreiben, wenn der scheidungswillige Ehepartner im Vorfeld zu Verzichtserklärungen drängt!

▶︎ Vor Einbringung einer Scheidungsklage den Rechtsanwalt mit gesammeltem Beweismaterial zu Scheidungsgründen und vermögensrechtlichen Verhältnissen (Einkommen des anderen, Ersparnisse etc.) versorgen. Je besser der Rechtsbeistand informiert ist, desto größer sind die Chancen auf eine baldige einvernehmliche Lösung.

Weitere rechtliche Tipps zum Thema Erben & Testament kannst du in unserem Beitrag dazu nachlesen – überarbeitet ebenfalls von Dr. Brigitte Bierbaumer-Vergeiner.

Dr. Brigitte Bierbaumer-Vergeiner
Letzte Artikel von Dr. Brigitte Bierbaumer-Vergeiner (Alle anzeigen)

Kategorien

Archiv

Unternehmen vorgestellt

News Clippings

Wir BestAger Newsletter 4/24

Auch diesen Monat haben wir eine Vielzahl spannender Inhalte zusammengestellt, die speziell auf unsere aufgeschlossenen und aktiven Leser über 50 zugeschnitten sind.
Beiträge zu : u.a. Tipps gegen Pollenallergie, Älterwerden, Demenz und Alzheimer, Tipps für sicheres Autofahren in Italien, Ruhestand aktiv gestalten – aus unserer Leseecke: Der Weg in den Unruhestand und die aktuellen Warnungen vor Internet Betrug.
Neue Unternehmen unserer Community mit Angeboten stellen sich vor: von ätherischen Ölen über Coachingangebote, bewegtes Gehirntraining bis zu Fitnesstrainings für Männer 55+ und Jobangeboten Ü50 – hier ist für Jede:n etwas dabei!

Dr. Brigitte Bierbaumer-Vergeiner
Letzte Artikel von Dr. Brigitte Bierbaumer-Vergeiner (Alle anzeigen)

Beitrag Teilen

JETZT anmelden

Melden Sie sich für unseren Newsletter an und verpassen Sie keine spannenden News und hochwertige Angebote, ganz speziell ausgesucht für uns aktive BestAger.