Es hat sich schon etwas geändert in den letzten 40 Jahren. Zu der Zeit, als wir unsere Matura machten, wurde jeder, der mit 60 in Österreich noch gearbeitet hat, müde belächelt. Eisenbahner, Postler, Bankangestellte, Beamte hatten großzügige Regelungen, die es einem mit knapp über 50 ermöglichten, in den – angeblich wohlverdienten – Ruhestand zu gehen. Sie erhielten genug Geld, um von der „Pension“ leben zu können. Einen Begriff wie „Abschläge“ kannte man damals gar nicht.
Heutzutage muss jeder den Rechenstift zücken, wenn er vor dem gesetzlichen Antrittsalter (65 bei Männern, fast 61 bei Frauen) gehen will. Das gilt auch für alle, die noch irgendwie „tätig“ bleiben wollen. Denn es gibt viele Hemmnisse und Nachteile, wenn man weiterhin beruflich aktiv sein will. Der Bedarf ist vorhanden, nicht nur weil Ältere mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung oft mehr bringen als jüngere Mitarbeiter.
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Bürokratische Hindernisse für Ältere, die noch tätig sein wollen
Kommen wir zu ein paar typischen Beispielen, wo die aktuelle Gesetzeslage Ältere diskriminiert:
▶︎ FALL 1
Herr Robert B., ein versierter Facharbeiter wird mit 62 von seiner Firma abgebaut. Er will aber weiterarbeiten und bewirbt sich um einen neuen Job, Teilzeit würde für ihn genügen. Das ist in dem Alter nicht so einfach. Macht ja nichts, denkt er sich, inzwischen kann er ja zur Überbrückung Arbeitslosengeld beziehen, immerhin hat er fast vierzig Jahre einbezahlt.
Die böse Überraschung kommt dann beim AMS: Der Antrag auf Arbeitslosengeld wird abgelehnt. Die Begründung lautet, dass unser Mann bereits pensionsberechtigt ist und daher eine Korridorpension beantragen kann.
Der Nachteil: Er hat hohe Abschläge (4% pro Jahr). Sobald er wieder Arbeit bekäme (und mehr als die geringfügigen 518,44 Euro im Monat verdient), „ruht“ die Korridorpension. Sie lebt dann spätestens mit 65 wieder auf. Allerdings bleiben die Abschläge, die hat er sein Leben lang.
▶︎ FALL 2
Kurz vor dem Pensionsantritt entscheidet sich Johann F., seine Firma zu verlassen und in die Selbständigkeit zu wechseln. In der Zeit bis zum Pensionsantritt werden nun keine neuen Beiträge mehr bei der PVA eingezahlt. Herr F. Kann sich sogar vorstellen, ein bisschen länger als bis 65 tätig zu sein. Dazu muss er sich jetzt einmal bei der SVS, der Selbständigen-Kasse, versichern. Der Pensionsbeitrag beträgt 18% vom Gewinn. Blöderweise dauert es 15 Jahre, die man einzahlen muss, um von der SVS eine Pension zu bekommen! Solange wird Herr F. Wohl kaum noch weiterarbeiten. Auf seine PVA-Pension hingegen wirkt sich seine selbständige Tätigkeit überhaupt nicht aus. Er zahlt also bei der SVS völlig umsonst ein.
▶︎ FALL 3
Umsonst einzahlen kann man auch bei der PVA, wenn man nach dem gesetzlichen Antrittsalter noch weiter unselbständig tätig ist und sich seine Pension schon auszahlen lässt. Denn man muss weiter Pensionsbeiträge einzahlen (der Arbeitgeber auch). Seniorenvertreter laufen gegen diese Regelung schon lange Sturm. Eine Änderung wurde versprochen, aber bis jetzt nicht umgesetzt. Zwar erhöht sich der Pensionsanspruch, wenn man über 65 ist, weiter arbeitet und die Pension noch nicht beziehen will. Der Anreiz ist aber zu gering, da ist es finanziell attraktiver sich die Pension auszahlen zu lassen, obwohl diese dann gemeinsam mit dem Gehalt versteuert wird und zu einer höheren Steuerklasse führt.
"BestAger" werden am Arbeitsmarkt immer stärker nachgefragt
Diese Hürden vermiesen all jenen, die sich noch rüstig genug fühlen, um zu arbeiten, den Übergang in eine Berufsleben nach der offiziellen Pension. Dabei steigt der Bedarf ständig: Denn demographisch bedingt zieht sich mittlerweile ein Arbeitskräftemangel durch alle Branchen, der in den kommenden Jahren noch schlimmer werden wird. Die Zuwanderer, die die Lücken in der Arbeitswelt füllten, sind weniger geworden. Das liegt zum einen daran, dass sie in ihren (osteuropäischen) Heimatländern ebenfalls gebraucht werden und dort besser verdienen als früher.
Zum anderen hat in Westeuropa ein Wettbewerb um die besten Fachkräfte eingesetzt, bei dem Österreich mit seiner überbordenden Bürokratie nicht die besten Karten hat. Dazu kommt noch die „Lücke“ durch jene, die sich im Sozialstaat außerordentlich wohlfühlen. Immer wieder hört man von Firmen über Bewerber, die behaupten, dass sie zwar arbeiten würden, aber halt nur „geringfügig“ angemeldet werden wollen. Der Grund ist, dass sie auf jeden Fall ihr Arbeitslosengeld weiter kassieren möchten…